Nachdem mir gestern am Abend am Waldplatz eine Überraschung geboten wurde – es gab Live-Musik und Rabarber-Fladen – habe ich die Ruhe und das Alleinesein in der Nacht sehr genossen. Es ist herzerwärmend, wie die Menschen an mich denken und mir allerlei feines zum Essen bringen. Ich bin immer wieder sehr tief berührt. Das Alleinesein in der Dämmerung, in der Nacht und am Morgen schenken mir dann den Raum und die Gelegenheit ganz in den Ort und die Natur einzutauchen.

Ein sanfter, stiller Morgen hatte mich heute erwartet. Ich hatte einiges vor: eine weitere Plache spannen, meinen Schlafplatz verlegen, diesen regensicher machen (Besucher*innen sagten mir, es komme in der Nacht von Samstag auf Sonntag Regen; wollte etwas gesicherter in die Regennacht starten als am Dienstag!) und Brot für den Sonntags-Waldgottesdienst backen. Ein Tag mit neuen Aufgaben wartete auf mich. Eigentlich wollte ich mich ja vor allem auf die spirituelle Komponente dieses Lebens hier im Wald konzentrieren. Doch das Survival-Technische spielt wieder rein. Das eine lässt sich vom anderen nicht trennen, vermute ich…

Die Benediktinermönche haben das mit ihrem Wahlspruch «Ora et la bora et lege» (bete und arbeite und lese) zum Ausdruck gebracht. Eine tiefe Lebensweisheit – erkenne ich jetzt hier draussen. Eine Lebenserfahrung, die der Heilige Gallus auch kannte – da bin ich mir sicher. Es liegt eine tiefe Spiritualität im Alltäglichen.

Mir kommt da ein Büchlein von Karl Rahner in den Sinn, in dem er beschreibt, wie ihm die alltäglichen Angelegenheiten – schlafen, sitzen, kochen, essen, arbeiten – spirituelle Impulse geben – ja zutiefst spirituell sind.

Nachdem ich mir Kaffee auf dem Feuer gekocht hatte (ging heute schon etwas schneller, da das Holz langsam trockener wird ?), habe ich mich mit Brot und Käse an den Rütibach gesetzt. Den Apfel wollte ich dann später beim Plache aufhängen essen. Doch dann, dann wurde mir plötzlich bewusst, dass hier in der Natur alles ganz im Jetzt ist und immer eine Sache nach der anderen gemacht wird. Immer nur eine Sache auf ein Mal…

Wie oft macht ich in meinem Alltag zwei oder mehrere Dinge auf ein Mal – mit Eni spazieren gehen und gleichzeitig Whatsapp-Nachrichten schreiben… Ich halte das für effizient und bin stolz darauf, mehreres gleichzeitig machen zu können.

Hier am Rütibach entscheide ich mich nun den Apfel zu essen, ohne etwas anderes dabei zu tun. Die Spiritualität des Moments, des Jetzt möchte ich pflegen. Ganz bei dem sein, was ich tue. Der Apfel, den Wisi mir am Dienstag-Abend gebracht hat, schmeckt wunderbar! Ich hoffe, ich kann mir diese Haltung nach dem 30. Juni mit in meinen Alltag hineinnehmen! Das Survival-Technische hat eben auch ein Spiritualitätspotential! Der Survival-Coach Andreas (ich habe, glaube ich am Donnerstag von ihm berichtet) hat mich heute noch einmal besucht. Er hat von Unwettern gelesen und möchte meinen Schlafplatz sicherer machen! Ein grossartiger und herzensguter Mensch mit einer handfesten Spiritualität im Hier und Jetzt! Danke!

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