Heute hat für mich ein Satz des Berner Pfarrers und Dichters Kurt Marti wieder eine ganz neue Bedeutung bekommen. Er schreibt in einem bekannten Text: „Christ bin ich geworden und geblieben durch andere.“ Schon immer hat mir dieser Satz sehr viel bedeutet, weil ich glaube, dass er den Kern der christlichen Botschaft trifft. Der christliche Glaube lässt sich nur in Gemeinschaft leben und Gemeinschaft ist die Basis für den christlichen Glauben.

Eigentlich tönt das ein wenig paradox: Ich lebe hier draussen im Wald ja wirklich relativ zurückgezogen. Natürlich erlebe ich mich auch hier als ein Teil von etwas grossem Ganzen – als Teil der Natur. Doch der christliche Glaube mit dem Gebot der Nächstenliebe – liebe deinen Nächsten wie dich selbst! -, dass es mich und den/die andere/n braucht. Ich kann hier in der Zurückgezogenheit Erkenntnisse für mich gewinnen, die mir weiterhelfen und gut tun – ja, die mich verändern. Ich kann Gott erahnen, aber wenn ich diese Gottwahnung für mich behalte, geht sie an dem vorbei, meine ich, was eine Entwicklung unserer Welt im Sinne Jesu fördert.

Ich entdecke eine Spur: Gott suchen, Ja! Gott in der Natur erahnen – Ja, sicher! Sich zurückziehen, um in und durch Innerlichkeit sich mit dem Göttlichen zu verbinden – ja in jedem Fall! Aber all das nur mit sich ausmachen?!

Das Teilen braucht die Gemeinschaft. Das Wachsen und Entwickeln geht nicht ohne die/den andere/n. Glauben ist eben nicht nur reine Privatsache. Die persönliche Suche und Auseinandersetzung sind wichtig und essentiell. Wenn meine Mitwelt aber nicht bemerkt, dass diese Auseinandersetzung etwas mit mir macht und ich zum Teilen bereit bin, dann muss ich mich fragen lassen, wie ehrlich ich mich auf die Suche gemacht habe. So, genug gepredigt – heute am Sonntag :-)! Ihr fragt Euch vielleicht, wie ich nun auf diese Gedanken komme?

Nach fünf Tagen, in denen ich mich hier draussen schon auf spirituelle Entdeckungsreise machen durfte, konnte ich mit verschiedensten Menschen heute am Waldplatz Gottesdienst feiern. Es hat mich begeistert, wie tragend es ist, mit anderen Menschen, die den Glauben versuchen zu leben, Glauben zu feiern. Wie gemeinsames Beten und Singen stärkt. Wie nahrhaft es ist, Brot zu teilen. Wie zündend sich vom Glauben anderer anstecken zu lassen. Wie erfrischend es ist, aus dem Glauben wie aus einer Quelle zu schöpfen. Wie verändernd es ist, sich durch Gottes Friedenskraft segenstiftend in die Welt hinauswehen zu lassen.

Einmal mehr wurde mir tief bewusst, dass es die Gemeinschaft von Menschen zwingend braucht, um Gemeinschaft mit dem Göttlichen in seiner ganzen Tiefe erfassen zu dürfen. Und ich denke, es braucht sie alle, die vielen Facetten, durch die wir Gott erahnen lernen: die Menschen, die uns Glauben beibringen; die Gemeinden und Pfarreien in unserer Stadt, die dich dran sind an den Menschen im Quartiert und super Vernetzungs- und Unterstützungsarbeit vor Ort leisten und Glauben in der Gemeinschaft vor Ort leben und feiern; Menschen, die Solidarität und Umweltschutz leben; und, und, und…

Glauben heisst, sich gegenseitig immer und immer wieder darin bestärken: Gott ist da! Und dazu braucht es die Gemeinschaft.
Hier draussen in der Zurückgezogenheit des Waldes entdecke ich wieder, wie wichtig Gemeinschaft ist. Danke!

Fotos von Sandro Tischhauser.