Heute Morgen bin ich vom Klopfen eines Spechtes geweckt worden. Sein ambitioniertes Schaffen war weit zu hören. Meine Augen folgten dem Klopfen und im frühen Morgenlicht der Sonne konnte ich seine roten Schwanzfedern erkennen. Durch das Sonnenlicht, das durch sie hindurchschimmerte, wirkte sie sogar purpurrot. Ein zauberhafter Moment – wie so viele in diesen drei Wochen.

Noch eine Zeit lang lag ich einfach da, beobachtete, hörte in weiter Ferne das Wummern der Bässe vom Openair und atmete tief die frische kühle Waldluft ein. Und plötzlich kam mir in den Sinn, dass laut Gallus-Vita der Heilige Gallus rund 90 Jahre alt geworden sein soll. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass er ein Leben mit vielen Gefahren und verschiedensten Widrigkeiten geführt haben muss. Auch die hygienischen Voraussetzungen und ernährungstechnischen Grundlagen waren weitaus schlechter als heute. Von den medizinischen Möglichkeiten ganz zu schweigen. 90 Jahre – auch heute ein fast biblisches Alter. Und wie viel mehr damals vor rund 1400 Jahren. Wie alt durfte das damalige Durchschnittsalter wohl gewesen sein – 30, 40?!

Noch bevor das Gallus Experiment startete habe ich in einer Radiosendung von Shinrin-Yoku gehört. Ein japanisches Modell zur Gesundheitsprävention. Übersetzt heisst Shinrin-Yoku so viel wie „Waldbaden“. Forscher haben im Land der aufgehenden Sonne herausgefunden, dass der Aufenthalt im Wald sehr gesundheitsfördernd und immunstärkend ist. Zum Beispiel steigert schon ein Tag im Wald unsere natürlichen Killerzellen um fast 40 Prozent – und das für sieben Tage. Spannend!

Die Natur wirkt heilsam an uns Menschen. Wenn ich auf die Zeit hier im Wald zurückblicke wundert es mich nicht, dass Gallus so alt geworden ist – auch wenn es nicht wirklich 90 Jahre gewesen sein sollten, so muss er für seine Zeit doch ein hohes Alter erreicht haben.

Ich geniesse den letzten Morgen im Wald, nehme noch ein paar tiefe Atemzüge und bin dankbar für die Erfahrung und das Bewusstsein, die ich hier draussen im Wald gewinnen durfte. In der Natur erleben wir unmittelbar wie Göttliches diese Welt belebt. Wir haben einen inspirierenden Zugang zu Spiritualität – das Verbundensein, das `ein-Teil-von-allem-sein` können wir hier unverstellt erleben. Und die Stille, die die Natur auf uns ausstrahlt wirkt tief in uns hinein und weiter. Natur ist heilsam. Verbundensein ist heilsam. Stille ist heilsam.

Wenn es dem Gallus Experiment gelungen ist, dafür ein Bewusstsein zu schaffen, dann freut mich das ungemein! Denn das Leben hier draussen hat vieles in mir bewegt, verändert und ins Bewusstsein hinaufgeführt. Und einige „Krankheiten“ unserer modernen Gesellschaft hat die Zeit hier in mir begonnen zu heilen. Ich danke Euch für Euer Interesse und Euer Anteilnehmen!

Heute zum Abschluss ein Satz von Henry David Thoreau, bevor ich nach dem Abendgebet endgültig von hier Abschied nehme und aufbreche:

„Ich ging in die Wälder. Denn ich wollte intensiv leben, das Mark des Lebens in mich aufsaugen.“

Das durfte ich hier – Göttliches, das Mark des Lebens in mich aufsaugen. Ich kann es nur empfehlen! ?